Der erste Eindruck zählt: Was Sie über Halo-Effekt und Horn-Effekt wissen sollten

Innerhalb weniger Sekunden machen wir uns ein Bild von unserem Gegenüber. Der erste Eindruck kann positiv oder negativ sein. In unserem Beitrag erfahren Sie, was es damit auf sich hat.

Autorin

  • Lisa Neun

Sicherlich haben Sie auch schon festgestellt, dass Ihnen manche Menschen auf Anhieb sympathisch sind, wohingegen andere eher unsympathisch wirken. Wie Ihnen geht es vielen Menschen. Innerhalb weniger Sekunden machen wir uns ein Bild von unserem Gegenüber. Der erste Eindruck entsteht meist nur aufgrund eines einzelnen einprägenden Merkmals. Dies wirkt er sich oft nachhaltig auf unsere weitere Beziehung mit dieser Person aus.

In der Psychologie nennt man dieses Phänomen Halo- bzw. Horn-Effekt – je nachdem, ob dieser erste Eindruck positiv oder negativ war.  

In vielen Situationen beeinflusst dieses Phänomen unser Urteilsvermögen. So auch im Berufsleben, wie in 
Vorstellungsgesprächen, beim Kennenlernen eines neuen Kollegen oder Vorgesetzten und auch bei der Auswahl von Dienstleistern.

Was ist der Halo-Effekt bzw. der Horn-Effekt?

Sowohl beim Halo- als auch beim Horn-Effekt handelt es sich um einen kognitiven Beurteilungsfehler, der auftritt, wenn wir einer Person das erste Mal begegnen. Dabei wirkt ein einzelnes Merkmal des Gegenübers so dominant auf uns, dass es alle anderen Merkmale überstrahlt. Daher spricht man auch von einem Überstrahlungseffekt.

Das Wort „Halo“ stammt aus dem Englischen und bedeutet „Heilgenschein“. So spricht man beim Halo-Effekt auch vom Heiligenschein-Effekt, da hier ein besonders positives Merkmal alle anderen überdeckt und beim Gegenüber wie ein Heiligenschein wirkt.

Beim Horn-Effekt ist das Gegenteil der Fall. Hier wirkt sich ein besonders negatives Merkmal auf unser Urteil aus und kann zu einer Abwertung des anderen führen. Daher spricht man hier auch vom Teufelshörner-Effekt, welcher sich vom englischen Begriff „devil effect“ ableitet.

Beides führt dazu, dass wir unmittelbar von einer herausstechenden Eigenschaft oder Verhaltensweise auf weitere Charakterzüge oder Fähigkeiten schließen. Dadurch kann sich unser Gesamteindruck einer Person verfälschen.

Wie entstehen die Überstrahlungs-effekte?

Beide Überstrahlungseffekte entstehen spontan und unbewusst. Sie basieren oft auf Stereotypen und Klischees, aber auch auf eigenen Erfahrungen und Interpretationen. So lassen uns Aussehen, Stimme und Umgangsformen einer Person automatisch auf Charakter, Intelligenz und auch ihre Leistungsfähigkeit im Job schließen.

Zum Beispiel sind uns attraktive Menschen automatisch sympathischer. Arbeitgeber schließen von vergangenen Erfolgen darauf, dass eine Person auch in Zukunft erfolgreich sein wird. Und Brillenträgern wird in der Regel eine höhere Intelligenz unterstellt. 

Diese Verknüpfungen stellt unser Gehirn automatisch und unbewusst her. Das kann sie sehr gefährlich machen, denn das Fehlurteil, das dabei entsteht, nehmen wir als solches nicht wahr.

Beim Halo-Effekt profitieren Menschen davon. Trotzdem ist es ein rein subjektiver Eindruck, der auf objektiver Ebene nicht stimmen muss. Das kann auch bei einer positiven Beurteilung negative Konsequenzen haben.

Welche Konsequenzen haben Halo-Effekt und Horn-Effekt?

Durch den Horn- und den Halo-Effekt wird unsere Wahrnehmung verzerrt. Wir halten am ersten prägenden Eindruck sehr lange und entschieden fest, obwohl dieser aus objektiver Sicht nicht stimmen muss.

Damit sind Horn- und Halo-Effekt eng verwandt mit dem sogenannten Primacy-Effekt (primacy = primär). Dieser besagt, dass das, was wir als erstes sehen uns immer am besten und stärksten in Erinnerung bleibt.

Die Konsequenz ist im schlimmsten Fall also eine drastische Fehleinschätzung einer Person, an der selbst dann noch festgehalten wird, wenn es gegenteilige Anhaltspunkte gibt.

Ein Beispiel: Es kommt ein gut angezogener Kandidat mit eloquenter Ausdrucksweise zum Vorstellungsgespräch, der zudem gut durch den eigenen Lebenslauf führen kann. Der Arbeitgeber schließt daraus, dass er als Vertriebsmitarbeiter Verantwortung übernehmen und auch herausfordernde Aufgaben meistern kann. Der Kandidat erhält den Job und dazu ein sehr gutes Gehalt. Kann er jedoch mit seinen Arbeitsergebnissen nicht überzeugen, ist der gute Eindruck schnell dahin. Andererseits kann ein geeigneterer Kandidat als nicht durchsetzungsstark eingeschätzt werden, weil er mit bisherigen Erfolgen eher bescheiden umgeht. Er wird nicht eingestellt und dem Unternehmen entgeht ein potenziell guten Mitarbeiter.

Tipps, wie Sie Halo-Effekt und Horn-Effekt vermeiden 
können

Wie Sie womöglich schon vermuten, lassen sich weder Horn- noch Halo-Effekt vollständig vermeiden. Schuld daran ist unser Gehirn, das permanent versucht, Denkprozesse zu vereinfachen und deshalb mit Verallgemeinerungen arbeitet. Das Resultat sind unter anderem der angesprochene Horn- und Halo-Effekt.

Dennoch können Sie versuchen, langanhaltenden Fehleinschätzungen entgegenzuwirken. Und das gleich in zwei Richtungen. Zum einen können Sie selbst daran arbeiten, andere Menschen nicht vorschnell zu beurteilen. Zum anderen ist es möglich, zu verhindern, von anderen dauerhaft falsch eingeschätzt zu werden. Wie das funktioniert, verraten wir Ihnen im folgenden Abschnitt:
 

Bewusstsein schaffen

Der erste Schritt, um ein Verhalten zu ändern, ist immer, das Bewusstsein dafür zu schärfen. Dadurch rufen Sie sich die Auswirkungen immer wieder ins Gedächtnis und werden aufmerksamer. 

Mit der Zeit werden Sie so kritischer Ihren eigenen Urteilen gegenüber. Sie hinterfragen automatisch, warum Ihnen eine Person sympathisch oder unsympathisch ist und Sie das beeinflusst.

Schaffen Sie auch bei anderen ein Bewusstsein dafür. Machen Sie andere Menschen darauf aufmerksam, wenn Sie befürchten, dass sie dem Halo-Effekt erliegen und erklären Sie was es damit auf sich hat.
 

Urteile immer wieder prüfen

Wenn Sie Ihr Bewusstsein geschärft haben, müssen Sie weiter am Ball bleiben. Prüfen Sie also Ihren ersten Eindruck kontinuierlich und systematisch.

Hilfreich ist es zum Beispiel, jede Eigenschaft einzeln zu betrachten. Das ist natürlich zeitaufwendiger. Es hilft Ihnen aber dabei, vom ursprünglichen subjektiven Eindruck zu einem objektiveren Gesamturteil zu kommen.
 

Für Objektivität sorgen

Arbeiten Sie bewusst mit objektiven Kriterien. Vermeiden Sie es, Ihre Einschätzung auf rein subjektive oder gar emotionale Eindrücke aufzubauen. Der berühmt-berüchtigte Flurfunk ist somit keine seriöse Informationsquelle.

Machen Sie sich stets Ihr eigenes Bild von einem anderen Menschen, was aber nicht heißt, dass Sie die Meinung anderer ignorieren sollten. Im Gegenteil, wenn Sie neutral über einzelne Eigenschaften oder Merkmale reden, erweitert das unter Umständen Ihre Sichtweise.

Im Bewerbungsprozess gibt es in größeren Unternehmen daher Vorgaben für strukturierte Interviews. Diese sehen zum Beispiel gleichbleibende Fragen vor, um einen Bewerber später professionell mit anderen vergleichen zu können.
 

Authentischen Eindruck vermitteln

Kommen wir nun zu Ihnen und dem Eindruck, den andere von Ihnen haben. Auch hier gibt es Methoden, wie Sie verhindern können, von anderen falsch eingeschätzt zu werden.

Die Grundregel dabei lautet immer: Sorgen Sie für Transparenz und seien Sie authentisch! Das bedeutet vor allem, dass Sie sich nicht verstellen sollten, um jemand anderem zu gefallen. Denn das kann schnell das Gegenteil bewirken.

Stellen Sie beispielsweise in einem Vorstellungsgespräch klar heraus, wo Ihre Stärken und Fähigkeiten liegen. Doch aufgepasst: Prahlerei und falsche Bescheidenheit sind hier fehl am Platz. Vielmehr kommt es darauf an, dass Sie selbstbewusst, aber nicht überheblich, aufzeigen, warum Sie eine Bereicherung für das Unternehmen wären. Wenn Sie sich Ihrer Stärken nicht bewusst sind, dann befragen Sie Kollegen Ihres Vertrauens oder den Partner, Familie oder Freunde.
 

Erwartungen abgleichen und nachhaken

Insbesondere im Berufsleben ist es wichtig zu wissen, welche Erwartungen an Sie gestellt werden. Wenn Sie diese kennen, können Sie eine fehlerhafte Wahrnehmung korrigieren.  

Bei Zielvereinbarungs- oder Beurteilungsgesprächen, aber vor allem zu Anstellungsbeginn, haben Sie die beste Möglichkeit, folgendes herauszufinden:

  • Welche Anforderungen hat Ihr Vorgesetzter an Sie?
  • Wie nimmt er Sie wahr?
  • Welche Ziele und Aufgaben sind mit Ihrer Position verbunden?

Sind Ihnen diese Punkte unklar, sollten Sie konkret nachhaken.

Gleichen Sie das mit den eigenen Erwartungen an sich und Ihre Ziele ab. Was trauen Sie sich selbst zu? Wo liegen Ihre Stärken und Schwächen? Können Sie erfüllen, was von Ihnen verlangt wird? Gibt es hier wenig Übereinstimmung, sollten Sie dies auf jeden Fall klarstellen.
 

Probleme offen ansprechen und Fehler eingestehen

Sprechen Sie mögliche Probleme offen und selbstständig bei Ihrem Vorgesetzten an. Beispielsweise, wenn Sie bemerken, dass Sie die vereinbarten Ziele nicht erreichen werden, wenn Sie einen Fehler gemacht haben oder erkennen, dass er mit bestimmten Arbeitsergebnissen unzufrieden ist. Bieten Sie stets einen Lösungsvorschlag an und gestehen Sie sich Fehler ein. Niemand ist perfekt. Das weiß auch Ihr Chef und wird sie so mit der Zeit besser einschätzen können.

Fazit

Horn- und Halo-Effekt sind Wahrnehmungsfehler, durch die wir unterbewusst von einer einzigen Eigenschaft auf weitere Eigenschaften eines anderen schließen. Dadurch beurteilen wir  im Berufsleben Menschen oft schnell falsch. Doch wenn Sie sich dieses Phänomens bewusst sind, können Sie ihm entgegenwirken und für Ihre eigene Karriere nutzen.

Autorin

  • Lisa Neun

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