Mitarbeiterbenefits als Mittel gegen Fachkräftemangel

In Zeiten des Fachkräftemangels suchen Unternehmen Wege, qualifizierte Mitarbeiter zu finden und zu halten. Einer von vielen Bausteinen ist die Einführung attraktiver Benefits. 

Fachautoren:

  • Roman Christian Kies

  • Benjamin Münnich

Der Fachkräftemangel hat im Jahr 2022 in Deutschland einen neuen Höchststand erreicht – und es ist davon auszugehen, dass diese Entwicklung ihren Zenit noch nicht überschritten hat. Daher ist es nur konsequent, dass Unternehmen Mittel und Wege suchen, qualifizierte Mitarbeiter* zu finden und – freilich mindestens ebenso wichtig – zu halten. Die Rechnung dabei ist einfach: Je attraktiver eine Tätigkeit bei einem Arbeitgeber ist, desto leichter finden sich qualifizierte Kandidaten für offene Stellen. Gleichsam ist dies ein Element zur Erhöhung von Zufriedenheit und Motivation der Belegschaft, was sich wiederum positiv auf Mitarbeiterbindung und -produktivität auswirkt. 

Nun gibt es viele Faktoren, die dazu beitragen, dass ein Unternehmen als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen wird. Dazu gehören etwa eine positive, unterstützende und wertschätzende Arbeitskultur, Entwicklungsmöglichkeiten und Karrierechancen, flexible Arbeitsformen sowie eine gute Work-Life-Balance. Aber zu diesen Faktoren zählen eben auch attraktive arbeitgeberseitige Zusatzleistungen (Benefits). Solche Benefits, einschließlich deren arbeitsrechtliche Umsetzung, sollen in diesem Blogbeitrag skizziert werden. 

Ausgangspunkt: Arbeitgebern stehen diverse Arbeitnehmer-Benefits zur Verfügung

Typische Benefits sind:

  • Zusätzliche finanzielle Leistungen und Einmalzahlungen wie z.B. Weihnachtsgeld/13. Monatsgehalt und Urlaubsgeld, aber auch Signing-Boni, Retention-Boni oder die zuletzt vom Gesetzgeber besonders behandelten Inflationsausgleichs- und Coronaprämien,
  • die Überlassung eines Dienstwagens oder eines Dienstfahrrads (Job-Bike), welches auf Kosten des Arbeitgebers auch privat genutzt werden kann,
  • Arbeitgeberleistungen im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge,
  • Bezuschussung von Verpflegungskosten,
  • Bezuschussung von Fahrtkosten,
  • Gesundheitsförderung, wie zum Beispiel Sportkurse oder Gesundheits-Checks; Bezuschussung von Sportangeboten, Sportvereins- und Fitnessstudiomitgliedschaften,
  • Unterstützung bei der Kinderbetreuung, zum Beispiel durch Betriebskindergärten,
  • Jubiläumsprämien für lange Betriebszugehörigkeit; Geburtstagsgutscheine,
  • Mitarbeitervergünstigungen bei Einkäufen im Unternehmen des Arbeitgebers oder bei Partnerunternehmen und
  • Mitarbeiterbeteiligung etwa durch Aktienoptionen (Stock-Options).

Auswahl der Mitarbeiterbenefits hängt auch vom Bestand und Aufwand ab

Bei der Auswahl der Benefits ist es in der Praxis sinnvoll, zunächst eine Bestandsaufnahme zu machen und dabei insbesondere drei Punkte zu prüfen: 

  1. Welche Benefits existieren im Unternehmen bereits?
  2. Welche zum Arbeitgeberunternehmen passenden Benefits fehlen,
  3. die den Beschäftigten bestmöglich zugutekommen?

Bei der dritten Frage spielt freilich die steuer- und sozialversicherungsrechtliche Bewertung die wesentliche Rolle. Denn entscheidend ist letztlich, was netto bei den Beschäftigten ankommt. Es überrascht daher nicht, dass in den letzten Wochen und Monaten wegen deren steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Privilegierung zuerst die Coronaprämie und dann die Inflationsausgleichsprämie bei Unternehmen besonders beliebt waren und teils noch sind.

Unternehmen sollten zudem den durch die Einführung einer Leistung geschaffenen Verwaltungsaufwand nicht aus den Augen lassen. So ist etwa mit der Bezuschussung entstandener Kosten (z.B. Fahrkostenerstattung, Fitnesszuschuss etc.) zwangsläufig ein höherer administrativer Aufwand verknüpft, der meist die ausführende HR-Abteilung trifft. Denn für die Umsetzung der Zahlungen muss stets die Entstehung der bezuschussten Kosten bei jedem einzelnen Mitarbeiter geprüft werden.

Nicht selten werden für solchen Zusatzaufwand daher entsprechende Provider eingesetzt, die die Abwicklung der Benefits übernehmen. Das spart Zeit und Aufwand in der eigenen Verwaltung, führt allerdings auch zu zusätzlichen Kosten. Bevor ein Benefit eingeführt wird, sollte daher unbedingt geprüft werden, wie hoch genau der damit verbundene Verwaltungsaufwand ist und ob es Anbieter am Markt gibt, die gerade diesen Aufwand abdecken können – und zu welchem Preis.

Ist die Auswahl einzuführender Benefits getroffen, gilt es, bei deren Einführung einige arbeitsrechtliche Aspekte zu beachten.

Der Betriebsrat darf bei Mitarbeiterbenefits oft mitbestimmen

Die praktisch wichtigste Frage ist zunächst: Existiert ein Betriebsrat? In diesem Fall erfordert die Einführung von Mitarbeiterbenefits zumeist eine Vereinbarung mit diesem Gremium, da die Einführung weiterer Entgeltbestandteile nach § 87 Nr. 10 BetrVG mitbestimmungspflichtig ist.

Unter den in dieser Vorschrift verwendeten Begriff des „Lohns“ fallen unabhängig von ihrer Bezeichnung alle Leistungen des Arbeitgebers, die als Gegenwert oder im Zusammenhang mit von den Arbeitnehmern erbrachten Leistungen gewährt werden, gleichgültig, ob es sich hierbei um leistungsbezogene Vergütungen oder freiwillige Leistungen, um einmalige oder laufende Zahlungen, um Geld- oder Sachleistungen handelt (vgl. BAG, Urteil v. 29. Januar 2008 – 3 AZR 42/06). Von Sonderfällen abgesehen, ist regelmäßig eine Betriebsvereinbarung über die Einführung des oder der Benefits abzuschließen. Das bedeutet, dass für die Abstimmung und die Verhandlung mit dem Betriebsrat einige Zeit eingeplant werden muss. 

Allerdings bezieht sich die Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Einführung von Benefits nur auf die Verteilungsgrundsätze (sog. teilmitbestimmter Bereich). Das heißt, dass der Arbeitgeber (mitbestimmungs-)frei darüber entscheiden kann, ob er eine Leistung – einen Benefit – einführt, wie viel Geld er für die betreffende Leistung zur Verfügung stellt (das Budget) und welcher Zweck mit der Leistung verfolgt wird (vgl. BAG, Beschluss v. 9. Dezember 1980 – 1 ABR 80/77, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 5). Nur innerhalb dieser Grenzen kann der Arbeitgeber damit allein darüber bestimmen, welche Personengruppen welche Benefits erhalten sollen. Voll mitbestimmen kann der Betriebsrat dann bei der Verteilung des zur Verfügung stehenden Budgets. Bei den damit zusammenhängenden Verteilungsentscheidungen kann es in der Praxis auch dazu kommen, dass über vom Arbeitgeber nicht vorgesehene Beschäftigtengruppen gestritten wird.

Eingeschränkte Mitbestimmung des Betriebsrats bei tarifgebundenen Unternehmen

Bei tarifgebundenen Unternehmen beschränkt sich die Mitbestimmung des Betriebsrats auf nicht tariflich geregelte Benefits, also übertarifliche Leistungen. Was bereits im anwendbaren Tarifvertrag geregelt ist, ist nicht mehr Gegenstand der Mitbestimmung des Betriebsrats.

Soll ein bestimmter Benefit ganz oder teilweise durch die Umwandlung des tariflichen Entgelts der Mitarbeiter finanziert werden, droht ein weiterer Stolperstein. In diesem Fall ist unbedingt darauf zu achten, ob eine solche Entgeltumwandlung überhaupt nach den anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen zulässig ist. Denn sonst kann der Anspruch der Beschäftigten auf Auszahlung des vermeintlich umgewandelten Entgeltbestandteils bestehen bleiben – das kann teuer werden!

Verteilung von Benefits muss dem Gleichbehandlungsgrundsatz und dem AGG genügen

Bei der Entscheidung darüber, welche Personengruppen bestimmte Benefits erhalten sollen, sind zudem der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz sowie das AGG zu beachten. Sollen also nicht alle Beschäftigtengruppen den Benefit erhalten, ist einerseits zu prüfen, ob es für die Unterscheidung von Personengruppen eine sachliche Rechtfertigung gibt. 

Andererseits sollte sichergestellt sein, dass bei der Festlegung des Kreises der durch den Benefit Begünstigten nicht bestimmte Personen – und sei es mittelbar – wegen eines der in § 1 AGG genannten Merkmale diskriminiert werden. Wie die zwischenzeitlich zu dieser Vorschrift ergangene Rechtsprechung zeigt, ist diese Prüfung auch nicht immer einfach. 

Da Benefits in aller Regel (zumindest auch) die Attraktivität des Arbeitgebers und damit die Betriebstreue erhöhen sollen, kann die Dauer der Betriebszugehörigkeit ein zulässiges Unterscheidungskriterium sein. Das kann im Einzelfall rechtfertigen, Beschäftigte in der Probezeit von den Mitarbeiterbenefits auszunehmen oder die Höhe der Benefits an die Dauer der Betriebszugehörigkeit zu koppeln. Praktisch wichtig ist ferner, Art und Umfang der Benefits transparent zu erläutern und Berechtigungsgruppen sauber zu definieren.

Benefits in Unternehmen ohne Betriebsrat 

Existiert kein Betriebsrat, kann es schneller gehen: Auch hier sind die allgemeinen rechtlichen Grundsätze – Gleichbehandlungsgrundsatz, AGG, tarifliche Einschränkungen ­– zu beachten.  Die Einführung der Benefits erfordert allerdings keine kollektive Regelung mit dem Betriebsrat, sondern können insofern „frei“ eingeführt werden. 

Umgesetzt wird dies meist entweder über eine individualvertragliche Änderungsvereinbarung oder per Gesamtzusage. Wichtig ist hierbei, einen Freiwilligkeitsvorbehalt oder einen Änderungsvorbehalt vorzusehen. Unternehmen wollen schließlich nicht für alle Ewigkeit an bestimmte Benefits gebunden sein. Auch hier ist zwingend eine saubere und transparente Darstellung von Art und Umfang der Benefits und der Berechtigungsgruppen zu beachten.

Was noch fehlt… die richtige Kommunikation über Mitarbeiterbenefits!

Bevor Mitarbeiterbenefits verkündet werden, sollte eine Kommunikationsstrategie erarbeitet werden. Eine gute Kommunikation ist für den gewünschten Erfolg, nämlich die Steigerung der Attraktivität als Arbeitgeber, unerlässlich (Stichwort: besser gut erklärt alles gut gemeint). 

Wenn die Benefits nicht mit dem Betriebsrat verhandelt werden, der häufig als Sprachrohr fungiert und Rückfragen der Beschäftigten beantwortet, kommt der Kommunikationsstrategie sogar noch eine größere Bedeutung zu.

In drei Schritten zum Erfolg 

In Zeiten des Fachkräftemangels sind passende Mitarbeiterbenefits einer von vielen Bausteinen, um qualifizierte Bewerber zu finden und motivierte Beschäftigte zu halten. 

Die Schritte für die Einführung von Benefits sind also

  1. Ermittlung des Status Quo und des Bedarfs der Beschäftigten,
  2. Überlegungen dazu, welche Benefits mit welchem Aufwand eingeführt werden können und
  3. arbeitsrechtliche Umsetzung unter Beachtung etwaiger Mitbestimmungsrechte.

Auch wenn Benefits nur einer von vielen Bausteinen sind – zumeist können sie verhältnismäßig schnell eingeführt werden und zeigen sie unmittelbar einen Effekt. Handeln lohnt sich also!

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

 

Sie möchten mehr über dieses Thema erfahren oder haben konkrete Fragen? Dann nehmen Sie gerne Kontakt zu unseren Fachautoren auf.

 

Dieser Beitrag wurde zuerst auf dem CMS-Blog veröffentlicht.

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